Kasernenanlage Neutramm
Die Kasernenanlage Neutramm hatte bereits vor Ihrer Nutzung durch Bundesgrenzschutz und Bundeswehr ihr Geschichte. 1939 setzten die Arbeiten zum Bau einer Heeres-Munitionsanstalt für die Wehrmacht ein. Planung und Ankauf in Form von Enteignung mit entsprechender Entschädigung schloß die Verwaltung der Wehrmacht bereits ein Jahr zuvor ab. Aus dieser Zeit stammt auch der Ortsname „Neutramm", abgeleitet von dem nahe gelegenen Dorf Tramm.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges erfuhren die Bauarbeiten eine nochmalige Beschleunigung, was die Anlage zu einem weit verzweigten Komplex heranwachsen ließ. In typischer Rundlingsform angelegt, entstanden mit dem „Wendlanddorf" eine Vielzahl von Munitionsbunkern, Werk- und Lagerhallen, Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, sowie ein gut ausgebautes Straßennetz mit Gleisanschluss. Allerdings erfolgte ab Dezember 1941 die Nutzung der Anlage als Luftwaffen-Muntionsanlage (Luftmuna). Für die Bevölkerung dieser Gegend blieb die gesamte Anlage ein „Buch mit sieben Siegeln". Unter strengster Bewachung und besonderer Geheimhaltung montierten dort Arbeitskräfte ab März 1944 die berüchtigten Vergeltungswaffen (V-Waffen). Das Ausmaß des gesamten Wehrmachtkomplexes konnte zu der Zeit als die Bundeswehr noch Hausherr war, bei einem Rundgang, mit Besichtigung der Bunker im südlichen Außenbereich, nur erahnt werden. Die durch den Fernmeldesektor B genutzten Unterkunftsgebäude und Hallen stammen größtenteils aus jener Zeit und dienten den Angehörigen der Wehrmacht als Wohnung oder Arbeitsbereich.
Form und Architektur der Gebäude, die sich in die Landschaft einfügen, passen sich dem Charakter dieser ländlichen Gegend hervorragend an. Ein Grund drängt sich, nach damaliger Interessenlage, berechtigter Weise sofort auf: Eine möglichst optimale Tarnung des Objektes, um jegliche Art von Beobachtung unbedingt zu vermieden. Die Tarnung blieb bis Kriegsende erfolgreich. In einem Punkt nahm man es allerdings aus anderen Gründen sehr genau, die Frage, ob über den Dächern der „Wendenknüppel" oder die zwei gekreuzten Köpfe des „Niedersachsen-Rosses'' ragen sollen. Nach 14-tägiger Bedenkzeit einigte man sich beim Heeresbauamt (HBA) auf das wendische Symbol. |
Der Denkmalatlas Niedersachsen zeigt auf seiner Internetseite fünf Gebäude am Rundling der Kaserne Neutramm aus verschiedenen Blickwinkeln:
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Kurz vor Kriegsende stießen alliierte Truppen auf diese, für sie unbekannte
militärische Anlage. Amerikanische Soldaten inspizierten ab 23. April 1945 zuerst die Anlage, dann
schafften sie alle interessanten Restbestände an
V1-Raketen
und den modifizierten, bemannten Typ der
Fieseler Fi-103 „Reichenberg" (Re IV) zur weiteren Erforschung nach
Amerika. Vom Typ "Reichenberg" sollen in Neutramm seit Januar
1945 54 Stück montiert worden sein. Vermutlich wurden alle von den Amerikanern
eingelagert vorgefunden.
Ein interessantes Video aus 1945 mit Luftaufnahmen der
ehemaligen Luftwaffen-Muna und interessanten Details der "Reichenberg" gibt es
hier (unter "Videos")
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Amerikanische Soldaten mit einer
bemannten Version,
der Fi-103 Re IV, |
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ein V1-Modell in Peenemünde
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Im nah gelegenen südlichen Wald befindet sich ein kleiner Friedhof. Sechs
russische Lagerinsassen fanden dort ihre letzte Ruhe. |
Die Engländer richteten im inneren Unterkunftsteil der Munitionsanstalt Reparaturwerkstätten für Militärfahrzeuge ein (REME). Zentrum der Werkstätten war die Halle 14. Man schätzt die Zahl der Beschäftigten dort bis 1949 auf 750 Arbeiter. Nach Abrücken der Inselsoldaten erhielt der Landkreis Lüchow-Dannenberg den Auftrag, handwerkliche Betriebe in der Kaserne anzusiedeln. Bis 1952 fanden Karosseriebauer, Bürstenmacher, Herrenschneider, Mühlenbauer und weitere Handwerker in Neutramm Arbeit. Das „Grenzschutzkommando Küste" des Bundesgrenzschutzes wurde ab 1952 neuer Hausherr und stationierte eine Ausbildungsabteilung in Neutramm. In diese Zeit fiel auch der Aus- und Umbau des Straßennetzes, die Errichtung eines neuen Wasserwerkes, die Verlegung der Kanalisation mit Wasserleitung und die Schaffung von Dienstwohnungen vor dem Kasernengelände. Einen hohen Bekanntheitsgrad besitzt heute noch der damalige Kommandeur der BGS-Abteilung Neutramm, Walter Eschrich. Er bekleidete von 15. 11. 1972 bis 30. 09. 1984 das Bürgermeisteramt der Stadt Dannenberg.
Nach Verlegung der
BGS-Abteilung von Neutramm nach
Bredstedt in Schleswig-Holstein übernimmt ab 01.01.1974 der Fernmeldesektor B als neuer Hausherr die
Kaserne. Der Sektorchef ist nun gleichzeitig Kasernenkommandant und
Standortältester. |
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Viele meinten, daß im Wendland wohl eine der schönsten Bundeswehrkasernen in Norddeutschland stand. Die Anlage gliederte sich in zwei Bereiche. Im inneren Bereich befinden sich Unterkünfte, Wirtschaftsgebäude, der technische Bereich, drei Schießstände sowie Sporthalle und -platz. Auch befand sich auf dem 54 Hektar großen Areal ein Wildschweingatter. Böse Zungen behaupteten damals, der FmSkt B wäre "der größte Schweinestall der Luftwaffe".
Das Übungsgelände, ein weiterer Schießstand (Gewehr) und zahlreiche Überreste von
ehemaligen Hallen und heute nicht betretbaren Munitionsbunkern befinden sich im 121
Hektar großen Außenbereich ('Außengelände'). In diesem Bereich nutzte das
Technische Hilfswerk (THW, Ortsverband Lüchow-Dannenberg)
ab 1974
das Gebäude 38, bis es 1997 auf das Turmgelände Thurau umzog.
Nach den verheerenden Waldbränden im Gartower Forst im August 1975 begann der damalige Oberfeldwebel Jochen Tarrach im Spätherbst in der Kaserne in Halle 14 ein Feuerwehrmuseum einzurichten. Seine Sammlung begann mit einem alten Feuerwehrhelm und war anfangs bei ihm zu Haus im Keller untergebracht. Da der Platz dort bald nicht mehr ausreichte, kam ihm die Idee, ein Museum einzurichten. Mit Hilfe des Standortkommandanten und der Standortverwaltung war die Sammlung zuerst einige Jahre in Gebäude 14 untergebracht, das in früheren Zeiten als KFZ-Werkstatt diente. Weil weiterhin immer mehr Exponate hinzukamen, zog die Sammlung in die entsprechend hergerichteten ehemaligen Gebäude (Hallen) 44 und 45 am Clenzer Heerweg um. Da die Besucher aber immer erst nach vorheriger Anmeldung das Kasernentor passieren durften, wurde Ende 1986 der Museumsbereich mit den beiden Hallen vom umzäunten Kasernenareal abgetrennt und konnte nun direkt über den Clenzer Heerweg angefahren werden. Gleichzeitig wurde auch der Verein "Historisches Feuerwehrmuseum Lüchow-Dannenberg e.V." gegründet.
Das heutige „Historische Feuerwehrmuseum Neutramm" besitzt mit seiner interessanten Sammlung zur deutschen Feuerwehrgeschichte eine der umfangreichsten Deutschlands.
Kaserne Neutramm als
placemark für google
earth herunterladen (Ortsangaben ohne Gewähr):
Ein gute Übersicht der Gebäude in der Kasernenanlage bietet die
Wendländische
Verwaltungsgesellschaft Neu-Tramm mbH (WVG) .
Viele historische Fotos aus der Kaserne
zeigt das
Wendland-Archiv -- Orte - Neu Tramm und
die Internetseite
Damals im
Wendland.