Drohnensystem VR-3 mit TUPOLEV TU-143 "REYS"

Kaum bekannt ist die Tatsache, daß die GSSD bzw. zuletzt WGT für taktische Aufklärung neben den Aufklärungsflugzeugen der 16. Luftarmee ab 1978 auf Ebene der fünf Landarmeen auch Einheiten mit RPVs (Remotely Piloted Vehicle = unbemanntes Luftfahrzeug) / Drohnen in der DDR stationiert hatte. Diese waren in selbständigen Staffeln (ОЭБСР = отдельная эскадрилья беспилотных самолетов разведчиков = OEBSR = selbständige Staffel unbemannter Aufklärungsflugzeuge) organisiert und fast ausnahmslos auf bzw. in der Nähe von Flugplätzen stationiert:

Einheit Standort Unterstellung / Zuordnung Bemerkungen
269. OEBSR Dresden-Hellerau 1. Gardepanzerarmee Dresden bis 1989 in Brandis stationiert
270. OEBSR Parchim 2. Gardepanzerarmee Fürstenberg  
265. OEBSR Zerbst 3. Stoßarmee Magdeburg bis 1988 in Stendal stationiert 
268. OEBSR Weimar-Nohra 8. Gardearmee Weimar  
290. OEBSR Küstrin-Kietz 20. GA Eberswalde (möglw. waren schon Teile in Prenzlau stationiert) [1]

[1] In Prenzlau sollte das 487. OVP (BU) (OVP = Kampfhubschraubergeschwader) aufgestellt werden. Der Aufbau der Infrastruktur (Abstellflächen, kurze S/L-Bahn von 540 m) nahe der Kasernen befand sich im fortgeschrittenen Stadium. Das Vorhaben wurde jedoch Anfang 1990 gestoppt, die Hubschrauber nach Werneuchen verlegt. In diesem Zusammenhang war vermutl. auch eine Verlegung der 290. OEBSR nach Prenzlau geplant; eventuell wurden Teile sogar schon dorthin verlegt.

Standorte der TU-143:  für google earth herunterladen (Ortsangaben ohne Gewähr): arrow.gif (948 Byte)

Die erste Prototyp einer TU-143 flog Ende 1970, die Serienproduktion begann 1973 und die Truppenerprobung wurde drei Jahre später abgeschlossen. In die Truppe eingeführt wurde das System jedoch erst 1982. Mindestens ab 1983 war die TU-143 dann auch bei der GSSD im Bestand. Die Auflösung der Staffeln mit Abzug erfolgte 1990.

Eine Drohnenstaffel mit TU-143 war mit seinen mobilen Mitteln standardmäßig wie folgt organisiert:

Transport- und Ladefahrzeug TZM-143 sowie Startfahrzeug SPU-143 auf Chassis BAZ-135MB.

Beschreibung und Technische Daten und der TU-143: link-1  link-2

Die taktische Ausrüstung der TU-143 konnte aus folgenden Komponenten bestehen:

Der Flugkörper ist in vier Sektionen unterteilt (F1 bis F4), die taktische Ausrüstung mit wahlweise PA-1 oder I-429B sowie dem SIGMA-R war in der vorderen, abnehmbaren Sektion F1 untergebracht; in F2 bis F4 befinden sich Tank, Triebwerk, Steuerungstechnik sowie der Fallschirm für die Landung;
TU-143 'Foto-Variante' mit PA-1.

Konzipiert war die TU-143 für taktische Aufklärungseinsätze gegen Punkt- und/oder Flächenziele bis zu einer Tiefe von 60-70 km hinter der Frontlinie über gegnerischem Gebiet bei einer Flughöhe bis zu 2.000 m. Für die Startvorbereitung wurden nur 15 Minuten, für einen Wiederholungseinsatz des gleichen Flugkörpers vier Stunden benötigt.

Über Einsätze der TU-143 in der DDR ist nur sehr wenig bekannt. Bestätigte Sichtungen zu den Systemen am Boden sowie zu Einsätzen in der Luft liegen nur von den drei Militärmissionen USMLM (USA), MMFL (Frankreich) und BRIXMIS (Großbritannien) vor. So wurde z.B. ein Transportfahrzeug auch in Tangermünde/Kreis Stendal gesehen oder Einsätze im Luftraum nahe Wittstock bzw. über dem Truppenübungsplatz (TÜP) Wittstocker Heide beobachtet. Bei den Lufteinsätzen konnte auch die Landung am Fallschirm dokumentiert werden (siehe Fotos rechts).

Gemäß Aussage eines ehemaligen Kommandeurs der 290. OEBSR (Küstrin-Kietz) fand auf dem TÜP Wittstock zweimal im Jahr eine Zusammenziehung aller fünf Staffeln statt, um gemeinsam Drohnenstarts durchzuführen.
Mindestens eine Drohne (Foto-Variante) soll bei den Flügen über der Wittstocker Heide verloren gegangen und in den Müritzsee gestürzt sein; sie stammte von der 269.OEBSR.

Da der Luftraum über der DDR nur sehr begrenzt war, und die Entfernung vom TÜP Wittstock nach Westdeutschland auch nur ca. 75 km betrug, wurden die Drohnen bei ihren Einsätzen von Jagdflugzeugen der 16. LA begleitet, so 1985/86 z.B. von MiG-23ML des 33.IAP aus Wittstock link .



TU-143 über der
Wittstocker Heide 1983


TU-143 (Quelle: wiki)




Start einer TU-143

Video mit Start,
Landung am Fallschirm und Bergung

 

 

 

Fotogalerie

 


Quellen (u.a.):
- Internet (russisch), z.B. www.forumavia.ru/
- USMLM History Report 1983, 1984, www.coldwarspies.com/reading_room/
- Fliegerrevue EXTRA 24