Mikoyan-Gurevich MiG-25PD (FOXBAT E)
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Um auf mögliche Grenzverletzungen
des Luftraums der DDR bei Aufklärungseinsätzen der SR-71 BLACKBIRD entsprechend
reagieren zu können, hatte die 16.Luftarmee der Gruppe der Sowjetischen
Streitkräfte in Deutschland (GSTD/GSSD) bzw. der Westgruppe der Truppen (WGT)
auf dem Flugplatz
Finow beim 787. Jagdfliegergeschwader (787. IAP) von Juli 1982 bis August 1989 zwei
Staffeln MiG-25PD (NATO-Code FOXBAT E) stationiert. Die FOXBAT E ist ein sehr
schneller und hochfliegender Abfangjäger. |
Die MiG-25PD (PD = Perekhvatchik Dorabotanniy (пеpехватчик доpаботанный) = Abfangjäger modifiziert) basiert auf der MiG-25P, einem in großen Höhen (über 20.000 m) und im Mach 3-Bereich fliegenden einsitzigem Abfangjäger, der Anfang der 1960er Jahre entwickelt wurde, um einer Bedrohung sowohl durch den US-amerikanischem Überschallbomber Convair B-58 HUSTLER als auch dem Hochgeschwindigkeitsaufklärungsflugzeug Lockheed A-12 OXCART entgegenzuwirken. Eine konsequente Weiterentwicklung der A-12 war die SR-71.
Der erste Flug einer SR-71 von der RAF Mildenhall/UK aus fand am 20.05.1977 Richtung Murmansk und der Barentssee statt. Schon vier Tage später, am 24.05.1977, der zweite Flug, nun über der Bundesrepublik und entlang der innerdeutschen Grenze. Ab 1982 bis 1989 fanden von Mildenhall aus regelmäßig Einsätze statt.
Die Information, daß eine SR-71 aus Mildenhall zu einem Aufklärungsflug unterwegs war, stammte von der Funkaufklärung, z.B. von der Station auf dem Brocken. Von der Zentrale in Wünsdorf (Chef Verwaltung Aufklärung der Gruppe; Deckname "MARION") ging die Meldung an das Aufklärungs- und Informationszentrum (RIZ) und das Gefechtsführungszentrum (ZBU), beide ebenfalls in Wünsdorf. Dort wurde dann der Alarmstart für die MiG-25PD des 787.IAP in Finow befohlen. Für einen SR-71 Einsatz starteten
jeweils zwei MiG-25PD, eine Maschine begleitete die SR-71 auf dem Hinflug, d.h.
auf der Ostseestrecke Richtung Finnischem Meerbusen bzw. auf der Landstrecke
entlang der Grenze im nordwestlichen Teil der DDR; auf dem Rückflug die zweite
MiG-25PD über der Ostsee Richtung Westen bzw. entlang der Grenze bis in den
Nordwestraum der DDR. Es wurde versucht, verschiedene
Methoden zur Zielannäherung
zu fliegen, entweder aus der vorderen oder
aus der hinteren Halbsphäre bzw. mindestens einmal von der Seite. Meist
erfolgte die Annäherung von hinten, das Ziel wurde dann eine Zeit lang in der
Regel in einem Abstand von mehr als 10-15 km begleitet, danach wurde wieder
abgedreht und Richtung Heimatplatz geflogen. Einen gern beschriebenen direkten
Sichtkontakt der Piloten, quasi "Auge in Auge", hat es dabei nicht gegeben. |
Beispiele von Flugrouten der MiG-25PD vs SR-71:
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In Finow waren
ca. zwei Dutzend MiG-25PD und mehrere zweisitzige Trainingsmaschinen MiG-25PU
stationiert. Die Unterbringung der Flugzeuge erfolgte im südöstlichen
Flugplatzbereich in zehn bereits 1969/70 errichteten Sheltern vom Typ
AU-16/2 bzw. in weiteren 18 Sheltern vom Typ
AU-16/3, die 1981 bis 1983 zusätzlich errichtet wurden, davon vier in
unmittelbarer Nähe anschließend zu den zehn AU-16/2. So entstanden
zwei Shelter-Bereiche mit je 14 Shelter für zwei Staffeln (siehe Grafik). Die dritte Staffel des Geschwaders flog weiterhin MiG-23ML/MiG-23UB und war im nordwestlichen und nördlichen Teil des Flugplatzes disloziert. Wegen Baumaßnahmen u.a. auch an der Start- und Landebahn (Sanierung und Verlängerung) musste 1985/1986 der Flugbetrieb vom ca. 25 km nordwestlich gelegenen Flugplatz Groß Dölln/Templin aus durchgeführt werden. |
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Im Zeitraum 1982
bis 1989 gab es mindestens zwei Totalverluste, so stürzte 1984 eine MiG-25PD
möglicherweise auf einem Einsatzflug aus großer Höhe in der südöstlichen DDR in der Nähe
von Großräschen nur ca. 3 km von einer Flugabwehrraketenstellung SA-2
der NVA (FRA-312) ab. Der Pilot soll gemäß eines Kommissionsberichtes (auch "offizielle Variante" genannt) vergessen haben, den Schlauch zur Versorgung mit Sauerstoff anzuschließen. Er verlor wohl während des Fluges in großer Höhe das Bewußtsein. Der Krater der Absturzstelle ist noch heute sichtbar. Eine weitere MiG-25PD stürzte 1985 beim Landeanflug auf Flugplatz Finow ab. |
Absturzstelle MiG-25PD bei
Großräschen: |
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Zum Trainieren von Überschallflügen in großer Höhe standen dem 787.IAP gem. Flugstreckenkatalog zwei Flugstrecken zur Verfügung, eine 'kleine' Strecke (00047) im Nordraum der DDR und eine 'große' Flugstrecke (00048), die sich über fast die gesamte DDR erstreckte. Interessant ist, daß diese Route nahezu identisch mit einer Flugstrecke der MiG-25RB des 931. ORAP aus Werneuchen (Streckennumer 00168) war. |
Übungsflugstrecken MiG-25PD:
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Mit Einstellung der SR-71 Flüge
in Deutschland und über der Ostsee im Jahr 1989 wurden auch die MiG-25PD aus der
DDR abgezogen; das 787.IAP anschließend komplett auf MiG-29 (drei
Staffeln) umgerüstet.
Zu ernsthaften Zwischenfällen ist es im Zeitraum der Flüge der MiG-25PD gegen
die SR-71 glücklicherweise jedoch nicht gekommen.
Einen ähnlichen Auftrag wie die MiG-25PD des 787. IAP in Finow hatten die MiG-31 FOXHOUND des 174. Gardejagdfliegergeschwaders (174.GvIAP) in Monchegorsk. Sie hatten die SR-71 auf der "Northern Route" über der Barentssee zu begleiten und ggf. abzufangen.
Quellen (u.a.):