Luftgestützte Funk- und Funktechnische Aufklärung im Bereich der GSTD / WGT :

In Ergänzung zur bodengestützten Fernmelde- und Elektronischen Aufklärung kamen von sowjetischen/russischen Militärflugplatzen in der DDR verschiedene Luftfahrzeugtypen zum Einsatz.  Die Aufklärungsstrecken der Aufklärungsfliegerkräfte der Westgruppe der Truppen  (WGT), der Nordgruppe der Truppen (NGT) in Polen, der NVA (SU-22M4, AN-26M DISKANT) oder anderer Aufklärungsfliegerkräfte des WP waren im Bereich der deutsch-deutschen Grenze geografisch bedingt in Teilabschnitten relativ ähnlich.

Die Aufklärungstiefe war bedingt durch die Einsatzflughöhe. Über der Ostsee reichte sie teilweise bis an die Nordgrenze Dänemarks, auf der Landroute bis nach Ost-Frankreich hinein. Der NATO waren diese Flüge aufgrund der eigenen Aufklärung nicht unbekannt.

Für Überwachungsflüge (Fotoaufklärung, vermutl. aber auch FmEloAufkl und EloAufkl) standen zusätzlich auch Hubschrauber vom Typ Mil Mi-8 T, MT T(K), R(KZA)  (NATO-Code HIP) zur Verfügung.


ILYUSHIN IL-20M (COOT A)

Mitte der 1970er Jahre wurden der 39. ORAO (Selbständige Aufklärungsabteilung) in Sperenberg zwei Spezialaufklärungsmaschinen vom Typ Ilyushin Il-20M (NATO-Code COOT A) zugeführt, Basisflugzeug ist die Passagiermaschine Ilyushin Il-18.

Diese beiden Maschinen, die "rote 20" und "rote 21" (Konstruktionsnummer 173011502 bzw. 173011504), flogen ihre Einsätze im Rahmen der Fernmelde- und Elektronischen Aufklärung. Die Aufklärungsergebnisse wurden in erster Linie an die OSNAZ (82.ORTBr Torgau) geliefert, wurden aber auch der GSTD/WGT zur Verfügung gestellt, deren Hauptquartier sich unweit in Wünsdorf befand.

Standardmäßig führten die Flugrouten entlang der (ehemaligen) innerdeutschen Grenze, es gab aber auch verschiedene Zonen (Orbits), aus denen heraus aufgeklärt wurde. Es wurden mehrere Einsätze pro Woche geflogen, die jeweils bis zu mehr als fünf Stunden dauern konnten. Ein Logbuchauszug zu Einsätzen z.B. für Juli 1976 weist zehn Flüge mit einer Gesamtdauer von 44 Stunden und 50 Minuten aus, davon ein Flug bei Dunkelheit/Nacht. Abgezeichnet hat das Dokument Major Reznikov, zu der Zeit Kommandeur der 39.ORAO.

Gelegentlich fanden auch Flüge sowohl über der DDR als auch der CSSR statt.

Die Flugstrecken in der DDR entsprachen in Teilen in etwa den Flugstrecken anderer Aufklärungsfliegerkräfte:

Beispiel einer Flugroute der IL-20M COOT A:  für google earth herunterladen (Ortsangaben ohne Gewähr): arrow.gif (948 Byte)

Weitere Flugrouten der IL-20M COOT A, möglw. auch der AN-26RT/RTR CURL B:  für google earth herunterladen (Ortsangaben ohne Gewähr): arrow.gif (948 Byte)

Am 23.09.1978 erfolgt ein 'Spezialflug' grenzüberschreitend DDR/CSR mit Streckenverlauf Stendal - Erfurt - Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) - Budweis (CSR) - Zwickau - Erfurt - Magdeburg: für google earth herunterladen (Ortsangaben ohne Gewähr): arrow.gif (948 Byte)

Flugplatz Sperenberg: für google earth herunterladen (Ortsangaben ohne Gewähr): arrow.gif (948 Byte)


Il-20M ("rote 20")
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hier ist die Abdeckung
geöffnet und
die Luftbildkamera
ist zu sehen

 

Markantes äußeres Kennzeichen der IL-20/IL-20M ist das ca. 10 m lange kanuförmige Radom unter dem Rumpf, welches das Seitensichtradar  (Side Looking Airborne Radar = SLAR) "IGLA-1" enthält. Die Antenne selbst ist ca. acht Meter lang. Weiterhin befinden sich rechts und links am vorderen Rumpfteil auffällige Verkleidungen, in der jeweils eine LOROP-Luftbildkamera  vom Typ A-87P mit 1200 mm Brennweite installiert ist (LOROP = Long Range Oblique Photography camera). Es sind drei Winkeleinstellungen (Abweichung von der vertikalen Achse) möglich: 57°, 70° bzw.  82 °. Die Kameraobjektive können durch eine Art Jalousie verdeckt werden.

Diverse zusätzlich am Rumpf angebrachte Antennen sowie hinter dielektrischen Verkleidungen und Radomen verborgene weisen auf eine umfangreiche Funk- und Funktechnische Ausrüstung hin.
 

Die beiden Blattantennen auf dem oberen vorderen Rumpf sind dem System "VISHNYA" (COMINT), die jeweils drei auf beiden Seiten des Rumpfhecks integrierten Antennen und vermutlich auch die Radome unter dem Rumpf dem System "KVADRAT-2" (ELINT) und die in den beiden Seitenverkleidungen integrierten Antennen dem System "ROMB-4" (ELINT) zuzuordnen (siehe auch Foto links).


Neben der sechsköpfigen fliegenden Besatzung (Kommandant/Pilot, Co-Pilot, Bordingenieur, Navigator, Funker, Bordtechniker)  befinden sich für den Einsatz neun Arbeitsplätze an Bord für:

Die IL-20 / IL-20M wird oft auch als russisches Pendant zur amerikanischen RC-135 RIVET JOINT gesehen.
Besonders interessant ist, daß 1989 in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS), hier der Hauptabteilung III (HA III), im Rahmen der Funkabwehr für das Aufspüren von getarnten amerikanischen Aufklärungssonden die IL-20M mehrfach zum Einsatz kam, ebenso wie die AN-26RT/RTR (siehe unten).

Im Mai 1994 wurde die erste Il-20M (Bordnummer 20) und am 21. Juni gleichen Jahres die zweite Il-20M (Bordnummer 21) aus Sperenberg abgezogen und nach Russland (zurück-) verlegt. Mit an Bord der "21" waren auch das Banner der 82.ORTBr (Torgau), Geheimunterlagen sowie Waffen und Munition, alles zusammen ca. 70 Kisten.

Technische Daten

link-1   link-2

die Il-20M ("rote 21") in Sperenberg

link

schöne Fotos mit Detailansichten

link

Der 39. ORAO stand ab den 1980er Jahren noch eine weitere IL-18 Variante zu Verfügung, jedoch nicht in der Funktion als Aufklärer, sondern als fliegender Befehlsstand:
eine IL-22M11 "ZEBRA" (NATO-Code COOT B).

Die "rote 21", zuletzt bei den russischen Lufstreitkräften mit der Registrierung RF-93610 im Einsatz, wurde am 17.09.2018 beim Landeanflug auf den syrischen Luftwaffenstützpunkt Latakia-Khmeimim irrtümlich von einer syrischen Flugabwehrrakete vom Typ S-200 (SA-5) abgeschossen und stürzte ca. 35 km von der Küste ins Mittelmeer. Alle 15 Besatzungsmitglieder kamen ums Leben  link.


ANTONOV AN-26RT / RTR (CURL B)

In Sperenberg betrieb das 226. Selbständige gemischte Transportgeschwader (226. OSAP) neben den Transportern AN-26 und der Vermessungsmaschine AN-26L ca. ab Mitte der 1970er Jahre  auch zwei Maschinen in der Version RT (Retranslyator = Relais) bzw. RTR (Radiotekhnicheskaya Razvedka = Funktechnische Aufklärung), die beiden Flugzeuge trugen die Bordnummern 06 (orange) bzw. 11 (rot).
Erkennbar warfen die Maschinen an den vielen zusätzlichen Blatt-, Stabantennen etc. auf und unter dem Rumpf sowie der HF-Antenne zwischen Leitwerk und Rumpf.
Für Relaisaufgaben diente das an Bord installierte System "INZHIR".

 


AN-26RT(R ) (06 orange)
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Auf dem Flugplatz Brand wurde nach Abzug des dort stationierten 911. APIB (911. Jagdbombergeschwader) eine interessante Tafel gefunden, auf der die jeweils aktuellen Rufnamen der Gefechtsstände einzutragen waren. Bemerkenswert ist dabei, daß auch Rufnamen für zwei (Funk) Relaisflugzeuge eingetragen werden konnten. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um die beiden AN-26T(R) aus Sperenberg.
Ob sie den beiden Führungsebenen (Stab WGT, Stab 16. LA) permanent zugeordnet waren, oder flexibel der jeweiligen Ebene zur Verfügung gestellt werden konnten, ist nicht bekannt.

Als Relais-Flugzeug kamen die beiden AN-26RT(R) insbesondere beim Abzug der fliegenden Verbände der WGT aus Deutschland zurück nach Rußland zum Einsatz. Konkrete Nachweise für den Einsatz im Rahmen der Funkaufklärung/Funktechnischen Aufklärung fehlen allerdings bisher, Hinweise auf den Einsatz der AN-26RTR (RR) als Funkaufklärer gibt es aber z.B. während des Krieges der Sowjetunion in Afghanistan (1979-1989).
Auch ist bekannt, daß beide Maschinen 1989 in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS), hier der Hauptabteilung III (HA III), im Rahmen der Funkabwehr für das Aufspüren von getarnten amerikanischen Aufklärungssonden mehrfach genutzt wurden. Diese Sonden strahlten ihre erfaßten Daten per Funk ("Burst-Verfahren")  an Satelliten ab, so bei einem gefundenem Exemplar auf 306,446 MHz. Mit diesen Einsätzen ist zumindest hier der Ansatz einer "Funkaufklärung" - wenn auch im Rahmen der Funkabwehr - komkret gegeben.

Mögliche Flugrouten der AN-26RT/RT(R) CURL B; möglw, aber auch der IL-20 COOT A:  für google earth herunterladen (Ortsangaben ohne Gewähr): arrow.gif (948 Byte)

Im April 1994 wurde auch diese beiden Maschinen aus Deutschland abgezogen und nach Kubinka/RUS verlegt.

Details zu den Funkabwehr-Einsätzen der AN-26RT(R) in dem sehr zu empfehlenden Buch "Geheime Aufklärungsflüge >RELAIS< "  von Volker Liebscher.
Anzumerken ist, daß auch die Sperenberger IL-20 von der 39.ORAO (siehe oben) für den gleichen Zweck eingesetzt wurden.


MIKOYAN-GUREVICH MiG-25RB (FOXBAT B/D)

 
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eine MiG-25 RBF (die "rote 38") beim Anflug auf Welzow im Jahr 1991
(Foto: Berry Vissers, www.airliners.net)

Beim 931. Selbständigen Aufklärungsgeschwader (931. ORAP) in Werneuchen wurde das Flugzeugmuster MiG-25 in der Aufklärerversion ab 1974 zugeführt und es kamen bis 1991 unterschiedliche Versionen für die verschiedenen Aufklärungsarten wie IMINT = Imagery Intelligence = hier Foto-/Bildaufklärung bzw. Aufklärung mittels Seitensichtradar (Side Looking Airborne Radar = SLAR) und Elektronische Aufklärung (ELINT) zum Einsatz:

MiG-25RBV RB-Version mit ELINT-System „VIRAZH-1M“ (SRS-9 mit SRS-4A/B))

plus zwei bis drei Luftbildkameras der Typen
A-70M
(für Tageslichtaufnahmen),
A-72
(für topografische oder Kontroll-Aufnahmen),
A-E/10
(für detaillierte Tageslicht- oder Panoramaufnahmen) oder
NA-75
(für Nachtaufnahmen oder bei schlechten Sichtverhältnisen)

Die Daten werden an Bord auf Magnetband aufgezeichnet und nach der Landung am Boden ausgewertet. Die Genauigkeit der Emitterstandortbestimmung liegt bei 30-50 km. Die "tote Zone" kann bis zu 70 km betragen (abhängig von der Flughöhe).
"Variante - I":
zwei Kameras A-70M und eine A-E/10 plus "VIRAZH-1M"
"Variante - II":
zwei Kameras A-72, eine Kamera A-E/10 plus VIRAZH-1M"
"Variante - III":
zwei Kameras NA-75 und bis zu acht Fotobomben FOTAB-100-140 (Blitzlicht) plus  "VIRAZH-1M".
Das System "VIRAZH-1M"arbeitet im Frequenzbereich 02 - 10,7 GHz.
MiG-25RBT RB-Version mit ELINT-System „TANGAZH“ (SRS-13) TANGAZH“ (SRS-14) ist das Nachfolgesystem des ELINT-Systems VIRAZH-1M.
Die Daten werden an Bord auf Magnetband aufgezeichnet und nach der Landung am Boden ausgewertet. Die Genauigkeit der Emitterstandortbestimmung liegt bei 10-30 km.
Das System "TANGAZH"arbeitet im Frequenzbereich 02 - 10,7 GHz.
       
MiG-25RBK RB-Version mit ELINT-System „KUB-3M

 

   

"Variante - IV"
Die Genauigkeit der Emitterstandortbestimmung liegt bei 2-10 km
. Das System kann sowohl nach backbord (linke Seite) als auch nach steuerbord (rechte Seite) arbeiten. Das System "KUB-3M"arbeitet im Frequenzbereich 02 - 10,7 GHz.

Die Daten können per Datenübertragung an eine Bodenstelle übermittelt werden um so eine schnelle Auswertung zu gewährleisten.
 

MiG-25RBF RB-Version mit ELINT-System „SHAR-25



 
"SHAR-25" ist das leistungsfähigere Nachfolgesystem des ELINT-Systems "KUB-3M" und arbeitet im Frequenzbereich 02 - 10,7 GHz.
Zusätzlich wurde noch die Panorama-Kamera AFA eingebaut; diese modernisierte Variante der MiG-25RBK trägt die Bezeichnung MiG-2RBF.
Das System "SHAR-25" wurde ab 1981 eingesetzt; die bisherigen MiG-25RBK auf MiG-25RBF Standard umgerüstet. Der optische Unterschied am Vorderrumpf
Grafik.

Die Daten können per Datenübertragung an eine Bodenstelle übermittelt werden um so eine schnelle Auswertung zu gewährleisten.

       
MiG-25RBS RB-Version mit SLAR-System „SABLYA

 

  
"Variante - V"
Das System kann sowohl nach backbord (linke Seite) als auch nach steuerbord (rechte Seite) arbeiten.
Die Auflösung beträgt 30 m und die Daten werden auf einen Naßfilm aufgezeichnet.
Arbeitshöhe nicht unter 17.000 m.
MiG25-RBSh RB-Version mit SLAR-System „SHOMPOL
(M-202)





 

"SHOMPOL" ist das Nachfolgesystem des SLAR-Systems SABLYA“ mit zwei- bis dreifach besserer Auflösung, Arbeitshöhe 300 m bis 23.000 m.
       
MiG25BM spezielle modifizierte Version für Elektronische Kampfführung (Electronic Warfare = EW)
(bis 1990)
‚HARM-Shooter‘ für den Einsatz von max. vier Antiradadar-Raketen Kh-58U bzw. AS-11 KILTER

Das 931. ORAP hatte zuletzt folgende MiG-25 Varianten in seinem Bestand:  

Anzahl

Originalbezeichnung

NATO Code Bemerkungen
2x MiG-25RBV Razvedchik-Bombardirovshchik VIRAZH
Aufklärer-Bomber VIRAZH
FOXBAT B
4x MiG-25RBT Razvedchik-Bombardirovshchik TANGAZH
Aufklärer-Bomber TANGAZH
FOXBAT B
5x MiG-25RBF      Razvedchik-Bombardirovshchik (SHAR)
Aufklärer-Bomber SHAR-25
FOXBAT D interessant: die MiG-25RBF, Bordnumer "38 rot", als einzige mit Tarnanstrich !
(siehe auch u.a. Anmerkung)
1x MiG-25RBS       Razvedchik-Bombardirovshchik SABLYA
Aufklärer-Bomber SABLYA
FOXBAT D  
2x MiG-25RBSh     Razvedchik-Bombardirovshchik SHOMPOL
Aufklärer-Bomber SHOMPOL
FOXBAT D (siehe auch u.a. Anmerkung)
2x MiG-25RU         Razvedchik-Uchebnik
Aufklärer-Trainer
FOXBAT C zweisitzig
5x MiG-25BM        Bombardirovshchik Modifikatsionniy
Bomber modifiziert
FOXBAT F bis Juli 1990

Bereits im Juli 1990, also vor der Wiedervereinigung, wurden die fünf verbliebenen MiG-25BM aus Werneuchen abgezogen und nach Shchuchin (Щучин)/Weißrußland verlegt. Die verbliebenen 16 MiG-25 verlegten am 21. Mai 1991 nach Welzow zum dort stationierten 11. ORAP und wurden als 3. Staffel integriert. Im Juli 1992 wurden auch sie dann in zwei Etappen - am 01. Juli sieben Maschinen und am 03. Juli neun Maschinen - aus Deutschland abgezogen.

Anmerkung:
Bei der Bezeichnung der einzelnen Unterversionen der MiG-25RB kommt es immer wieder zu Mißverständnissen, so waren in den letzten Jahren in Welzow z.B. mehr als eine Maschine vom Typ MiG-25RBF im Einsatz.
So wird die z.B. "rote 38" (die einzige MiG-25 in der DDR mit Tarnanstrich, siehe Foto oben) mal als Version RBSh, mal als RBF bezeichnet. Die Ursache liegt darin begründet, daß der Buchstabe "Sh" in der Typen-/ Versionsbezeichnung der MiG-25RB schon für das System "SHOMPOL" vergeben war, die "rote 38" bspw. aber mit dem "SHAR-25" ausgerüstet war. Daher hat man für die mit "SHAR-25" aus-/ umgerüsteten Maschinen den Buchstaben "F" vergeben, also MiG-25RBF.
Die Umrüstungen von RBS- auf RBSh-Standard bzw. RBK auf RBF erfolgten im Rahmen der Generalüberholung der Flugzeuge. So flog zuletzt wahrscheinlich nur noch eine MiG-25RBS (Bordnummer 52). Es war keine MiG-25RBK mehr im Einsatz, dafür fünf MiG-25RBF  (Bordnummern 38, 58, 59, 60 und 62).

Ein in Welzow aufgefundenes Logbuch zur "Objektiven Kontrolle" der Einsätze zeigt interessante Informationen zu den SUPERSONIC-Flügen.
(Anm.: "Угол тангажа" bedeutet hier 'Neigungswinkel' (engl. pitch) ).

Alle gelisteten Flüge erreichten knapp 2.500 km/h in ca.20.000 m Höhe; die Flugdauer auf dem 'Kampfkurs' betrug 3 - 4 min.

  

Logbuchauszug
 

Details zum Einsatzablauf eines simulierten Bombenabwurfs aus großer Höhe bei hoher Überschallgeschwindigkeit waren u.a. auf einer Karte (s.r.) im ehemaligen "Traditionsverein Fernmelde- und Elektronische Aufklärung Luftwaffe e.V." in Trier zu sehen (zu den Bombenabwürfen aus großer Höhe siehe auch weiter unten).

Die "50er Route" wurde vermutlich aber auch für 'normale' Aufklärungseinsätze genutzt.

 

"50er Flugroute" (Streckennummer 00168) als Bomberstrecke: 
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"50er Flugroute" (Streckennummer 00168) als Aufklärungsstrecke: 
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Eine andere Aufklärungsstrecke, in etwa analog zur "50er Route", aber gegen den Uhrzeigersinn, ist gem. NVA-Katalog die Streckennummer 00167.

Streckennummer 00167: 
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Karte mit den möglichen Ausweichflugplätzen des 931. ORAP und den Anflugbedingungen



 

In der DDR flogen die MiG-25RB ihre Aufklärungseinsätze gegen die NATO auf festgelegten Routen entlang der Grenze zur Bundesrepublik, meist in sehr großen Höhen und mit Überschallgeschwindigkeit (SUPERSONIC). Die Flugrouten hatten intern dekadische Nummern wie z.B. 50er, 70er oder 90er Route. Im "NVA - Verzeichnis der Standardflugstrecken der 16. Frontluftarmee und der Fliegerkräfte der NVA sowie der Grenztruppen der DDR" wurden bekannte Flugrouten fünfstellig gelistet, so ist die "50er Route" identisch mit der Streckennummer 00168 (siehe oben).
Die mit "
KUB-3M" bzw. dem Nachfolgesystem "SHAR-25" ausgerüsteten Flugzeuge waren zudem in der Lage, die gewonnenen Daten während des Fluges an eine Bodeneingangstelle zu übertragen (siehe o.a. Grafik).

Interessant ist, daß mit der MiG-25RB auch Bombenabwürfe aus großen Höhen (ca. 20.000 m) mit Überschallgeschwindigkeit (ca. 2.500 km/h bzw. Mach 2,35) möglich waren und auch geübt wurden, siehe auch o.a. Logbuchauszug. Zur Berechnung diente das sonst für Fotoeinsätze genutzte interne System "PELENG" bzw. später das verbesserte "PELENG-DR" in Verbindung mit dem Bordcomputer "ORBITA-1-155". Diese sehr schwer- und anfälligen Systeme wurden später durch die verbesserten und nun digitalen "PELENG-DM", "ORBITA-10-155" und dem "DISS-7" (Dopplerradar) ersetzt.
Bei 'scharfen' Einsätzen, z.B. über dem Übungsgelände bei Luninets/ BLR, konnten dabei z.B. bis acht (RBV, BK, RBS) bzw. zehn (RBT, RBF, RBSh) Bomben zu je 500 kg des speziell hitzefest ausgelegten Typs FAB-500T-M62 an Unterflügel- und Rumpfstationen mitgeführt werden.
Ein interessantes Video zum Einsatz der MiG-25RB als Bomber youtube (ab 32:42min).
Umstritten ist der Einsatz der MiG-25RB als Nuklearwaffenträger.

In einem Aufklärungsgeschwader gab es in der Regel eine Informationsverarbeitungsabteilung (OOI) zur Be- und Verarbeitung sowie Auswertung der durch die unterschiedlichen Sensoren gewonnenen Aufklärungsdaten. Die OOI  bestand aus zwei Unterabteilungen:

1.    Luftaufklärung (hier: IMINT <Foto und  SLAR>)

1.1.  Gruppe Datensammlung- und -verarbeitung

1.2.  Gruppe Datenauswertung

2.    Funkelektronische Aufklärung (ELINT)

2.1.  Gruppe Datensammlung- und -verarbeitung (ORTR)

2.2.  Gruppe Datenauswertung (DRTR)

 sowie zusätzlich eine selbständige Informationssende- und Empfangsstelle (PPPI).

Hauptbedarfsträger der Aufklärungsergebnisse des 931.ORAP war neben der WGT wohl die OSNAZ/GRU.

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Das 931. ORAP nutzte einen alten umgebauten Hochbunker (auch "Göring-Turm"   ("Башня Геринга) genannt) als Sondergebäude mit spezieller Nachrichtenzentrale.

Der massive fensterlose Betonbunker besteht aus vier Etagen, auf denen der sogenannte KP (Kommandopunkt) mit Lagekarten etc., der "RPP" ("Funkempfangspunkt"), die  Fernmelde- und Stromversorgungstechnik  sowie Sozialräume untergebracht waren. Auf dem Dach waren an mehreren  Gittermasten diverse Antennen für die verschiedenen Zwecke (Funk und Richtfunk) installiert.

Der aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges stammende und von der Wehrmacht für Radarerprobung genutzte Bunker könnte auch als Antennenträger einer Bodeneingangsstelle für die Datenübertragung aus der MiG-25RBK/RBF (siehe oben) gedient haben.

 

 


der Hochbunker ("Turm")
Ein im Internet eingestelltes Video läßt interessante Details erkennen
arrow.gif (948 Byte)youtube.

Aufbau auf dem Dach des Hochbunkers


 

am und auf dem Aufbau und auf dem Dach
waren diverse Antennen und Masten befestigt

 

Befestigungsplatte für Gittermast
Typ SOSNA

Zugang zu einer gesonderten Sperrzone


Tafel aus der Nachrichtenzentrale (NZ); Verbindung bestand u.a. zu den NZ der 16. FLA ("OKEAN), dem Gruppenstab der WGT ("RANET") und einer bisher unbekannten NZ ("холм" = "Hügel").
(Stand der Tafel jedoch 1993; zu der Zeit war in Werneuchen nur noch das 487.OVP BU stationiert)


der Hochbunker mit Antennen;
Anm.: Foto zeigt nicht den letzten Ausrüstungsstand


SUKHOI SU-24MR  (FENCER E)


am zentralen Unterrumpfpylon
der Laser-Pod "SHPIL-2M" (M-103A)
    <click on photo to enlarge>
(Foto: Chris Lofting, www.airliners.net)


am zentralen Unterrumpfpylon
der
ELINT pod "TANGAZH"
<click on photo to enlarge>
(Foto: Chris Lofting, www.airliners.net)

 

 

Die SU-24MR wurde ab 1986 vom 11. Selbständigen Aufklärungsgeschwader (11. ORAP) in Welzow  geflogen und ersetzte die YAKOVLEV YAK-28R (BREWER D).

Für Aufklärungseinsätze hatten die Maschinen umfangreiche technische Möglichkeiten für:

  • Funktechnische (Elektronische) Aufklärung (ELINT);

  • SLAR;

  • TV-Aufklärung;

  • Infrarotaufklärung;

  • Laseraufklärung;

  • Fotoaufklärung und

  • zum Feststellen und Messen von Kernstrahlung.

 

Die Basisausstattung ist das bordeigene Sytem BKR-1 (установка базового комплекса разведки БКР-1), welches aus zwei Komponenten besteht:

  • Seitensicht-(Mulltifunktions-)radar (SLAR) "SHTYK" (M-101) (die Ergebnisse werden auf Film aufgezeichnet); Auflösung 5-7,5 m

  • Infrarot- (IR-) Aufklärungssystem "ZIMA".

Zusätzliche Aufklärungstechnik ist entweder ebenfalls fest an Bord installiert oder in abnehmbaren Zusatzbehältern (Pods) untergebracht::

  • TV-Aufklärungssystem AIST-M (M-152.2), Auflösung 0,56 m;

  • Panoramakamera AFA AP-402M mit 90,5 mm Objektiv, Auflösung 0,2 - 0,3 m bei Flughöhe 400 m;

  • Schrägbildkamera A-100 mit 100 mm Objektiv, Auflösung 0,3 - 0,4 m ;

  • Laser-Pod "SHPIL-2M" (M-103A), Auflösung 0,3 m;

  • ELINT pod "TANGAZH" (System SRS-14 bzw. M-321);
    Beispiel einer ELINT-Aufklärungsflugroute der SU-24MR: 
    für google earth herunterladen (Ortsangaben ohne Gewähr): arrow.gif (948 Byte)

  • Pod zur Feststellung und Messung von Kernstrahlung "EFIR-1M" (M-341)  (unter dem rechten Schwenkflügel).

      Die SU-24MR hat die Möglichkeit, Aufklärungsergebnisse der TV-, Infrarot- und Laseraufklärung sowie Kernstrahlungsmeßergebnisse per Datenlink "POSREDNIK" mittels dem Breitbandfunkübertragungskanal SHRK-1 an eine Bodenstelle zu übertragen. Um die Aufklärungsdaten zeitlich zuzuordnen zu können, ist an Bord das Zeitsystem "SEVAN" installiert.

      Eine spezielle Einrichtung ermöglicht es, nach dem Aufklärungseinsatz Filmmaterial der Luftbildkameras in einer speziellen Kapsel/Kassette ('Container') "KADR" noch während des Fluges in vorher festgelegten Räumen in ca. 100 m Flughöhe auszustoßen, um dort aufgesammelt zu werden.
Das 11.ORAP praktizierte dieses Verfahren (vermutl.) im Raum Bronkow / Calau, möglicherweise über dem nahe gelegenen Flugplatz;
siehe Beispiel Flugroute No. 00363 nach einem Aufklärungsflug über der Training Area (Truppenübungsplatz) Zeitz: 
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eine SU-24MR (46 weiß) von unten
(Foto: Andryukhin Chelyabinsk)

 


die einzelnen Komponenten sind gut zu erkennen

 

Während eines "Tages der offenen Tür" am 26.07.1992 in Damgarten konnte u.a. diese SU-24MR aus Welzow (Bordnummer 10 weiß) aus unmittelbarer Nähe angeschaut werden:


SU-24-MR


 

ELINT-Pod "TANGAZH"


 

Panoramakamera AFA AP-402M (vorn)
TV-Aufklärungssystem AIST-M

 

Schrägbildkamera A-100


 

Lufthutze auf dem Rumpf
für den Wärmetauscher

 

Blick ins Cockpit
(links: Pilot, rechts: WSO)

 

Platz des WSO


 

Ein interessantes Foto aus dem Cockpit einer SU-24MR mit Details der Anzeige- und Bedienelemente von der Position des Waffensystemoffiziers (WSO) link

  Foto aus dem Cockpit einer russischen SU-24MR (2018)
link
   
  

Am 15. Juni 1993 wurden die 1. und 2. Staffel mit ihren SU-24MR aus Deutschland abgezogen und nach Marinovka/RUS verlegt.

Weitere Infos und Fotos: link-1     link-2


SUKHOI SU-17M3R  (FITTER H)

Die SU-17M3R wurde vom 294. Selbständigen Aufklärungsgeschwader (294. ORAP) in Allstedt geflogen. Für Aufklärungseinsätze wurden die Maschinen am zentralen Unterrumpfpylon mit einem mutlifunktionalen Aufklärungsbehälter vom Typ KKR-1T oder KKR-1/2 ausgerüstet.

Im KKR-1T sind eingebaut:

  • einer Standardkamera AFA-39,

  • einer Panoramakamera PA-1,

  • einer Kamera für Nachtaufnahmen UA-47

  • ein Blitzlichtkartuschenausstoßgerät KDF-39,

  • ein Funktechnischer Aufklärungskomplex SRS-13 "TANGAZH".

Details zum KKR-1T:  link



der KKR-1T an einer SU-22M4 der NVA
 
 

Der KKR-1/2 unterscheidet sich vom KKR-1T dadurch, daß anstelle des SRS-13 eingebaut sind:

  • Infrarot-(IR-)Aufklärungssystem "ZIMA",

  • TV-System 429-T "CHIBIS" zur Übertragung der Aufklärungsdaten (IR) in Echtzeit an eine Bodenstelle; dazu dienen vermutl. auch die kleine Antenne am Heck des Containers.
     

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist das Fehlen der grünen dielektrischen Flächen auf beiden Seiten des Behälters.


der KKR-1/2 an einer SU-17M3R
 

KKR-1/2
link-2
 
 
 

Beispiele von Flugrouten der SU-17M3R:  für google earth herunterladen (Ortsangaben ohne Gewähr): arrow.gif (948 Byte)

Schon Ende 1990 wurde eine Staffel bzw. dann im Mai 1991 die zweite Staffel von Allstedt nach Qarshi (Карши)/Usbekistan bzw. Krustpils (Крустпилс)/Lettland zurückverlegt, z.T. über Groß-Dölln (Templin).


Ein mysteriöser Hubschrauber vom Typ Mil MI-8 kam in drei Exemplaren vermutlich auch im Rahmen der Funkelektronischen Aufklärung zum Einsatz link.


Neben Flugzeugen und Hubschraubern waren bei der GSSD/WGT auch RPVs (Remotely Piloted Vehicle = unbemanntes Luftfahrzeug) / Drohnen zur Aufklärungszwecken stationiert link.


Ab 1984 kam über der DDR auch mehrfach das sowjetisches AWACS A-50 (NATO-Code MAINSTAY) zum Einsatz.   arrow.gif (948 Byte)  


Dank an Peter H. Rentsch für die Unterlagen (MiG-25), an Helge Schwarzlose für das aufgefundene Logbuch (MiG-25), den Flugstreckenübersichten (russisch, Stand 1991), den Fotos der SU-24MR und der Rufnamentafel aus Brand, sowie an Ralf Löhder für die Fotos vom Hochbunker Werneuchen.
Thanks to Mr. Chris Lofting and Mr. Ralf Manteufel for their support.


Quellen u.a.: